Ab heute dürfen Theater in Bayern wieder öffnen. Klingt gut, ist aber eine vergiftete Nachricht für die rund 700 kleinen Theater, Clubs und Bühnen in Bayern. Auch für das Hofgarten-Kabarett bei uns in Aschaffenburg, das seit Beginn der Corona-Krise stillgelegt ist und somit über keinerlei Einnahmen mehr verfügt.
Nach den Hygienevorgaben dürften ab heute maximal 50 Menschen in den Saal kommen, rund 200 passen in normalen Zeiten rein. Während in einem Airbus A 320 wieder knapp 190 Passagiere sitzen dürfen, also pro Person ein halber Quadratmeter ausreicht, muss aktuell für jeden Kabarettbesucher sechs Quadratmeter vorgehalten werden, mehr als zehnmal so viel! Heißt übersetzt: 20 Prozent der Einnahmen bei 110 Prozent Personal, ebenfalls wegen der Hygieneregeln. Weil unter diesen Bedingungen ein Neustart schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist bzw. direkt in die Pleite führt, gab es heute Abend die vorläufig einzige Vorstellung.
Vor etwa 40 ausgelosten Mitgliedern des Fördervereins bot Urban Priol ein auf die aktuelle Situation zugeschnittenes Programm an. Da ging es dann um wenig nachvollziehbare unterschiedliche Regelungen in unserer „Grenzregion“ Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Eisdielen in Bayern offen und erlaubt auch für die Hessen, weil dort geschlossen. Offene Baumärkte in Hessen strafbewehrt für uns Aschaffenburger wegen des bayerischen Notstands. Einsames Lesen auf Parkbänken nur unter Bußgeldandrohung oder bei Anzeichen völliger Erschöpfung nach ungewohnten sportlichen Meisterleistungen. Hochzeitstourismus nach BaWü, weil dort solche Feiern erlaubt sind, bei uns nicht. Treffen mit mehr als einem Fremdhaushalt in Seligenstadt oder Babenhausen, weil in Stockstadt verboten. Vieles, was Urban Priol schilderte war Realsatire, aber weit entfernt von satirischer Überspitzung, wie angekündigt.
In der anschließenden Diskussion, an der sich unter anderem unser neuer Oberbürgermeister, Jürgen Herzing beteiligte, wurde eindringlich auf die Probleme der Kleinkunst aufmerksam gemacht und unverzüglich Unterstützung von Land und Bund eingefordert. Wer die Randbedingungen setzt, der – so ein Besucher – müsse auch den Einnahmeausfall weitestgehend ausgleichen. Es könne nicht angehen, dass die Lufthansa über neun Milliarden Euro mehr oder weniger unkonditioniert vom Bund bekomme, weil aufgrund der Krise die Flieger am Boden bleiben, Kleinkünstler bzw. -bühnen aber völlig leer ausgingen, obwohl sie nicht nur erheblich zur Lebensqualität beitragen, sondern auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor sind.
Jetzt gilt es sich auf gemeinsame Forderungen bezüglich finanzieller Unterstützung und der künftigen Rahmenbedingungen zu verständigen und diese politisch und juristisch einzufordern. Am kommenden Montag, 22.6. ab 11.55 Uhr wird es einer Demonstration von Künstlern und allen in der Kleinkunst Beschäftigen in Frankfurt geben: